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Adalinda (Bild: FSW)

#breakthebias - Die Stärke der Frau hat viele Gesichter

08.03.2022

Seit 1911 macht der "Internationale Tag der Frauen" auf Frauenrechte und die Geschlechter aufmerksam. "Break the bias" (deutsch "Mit den Vorurteilen brechen") ist das Motto des diesjährigen Weltfrauentags: Denn auch heute noch kämpfen viele Frauen auf der ganzen Welt mit sozialen Ungleichheiten und Vorurteilen. Hört man gut zu, so findet man zahlreiche Geschichten in Wien, die die Stärke der Frauen untermauern: Dabei geht es um Mut, Resilienz, Durchhaltevermögen und viel Herz. Eine solche Geschichte haben wir im FSW-Tageszentrum Favoriten gefunden, wo uns die 89-jährige Adalinda Sáez, die aus Concepción in Chile stammt, von ihrem Leben erzählt. Dabei ist ihr großes Mitgefühl für die Mitmenschen spürbar. Insbesonders Frauen und ihre Rechte lagen der Chilenin Zeit ihres Lebens am Herzen.

Jung, stolz und unabhängig

Adalinda kämpfte bereits als junge Frau für ihre Unabhängigkeit und stieß dabei auch oft auf Widerstand. Nach dem Tod ihres Vaters hatten die älteren Geschwister ein strenges Auge auf die Schwester. Der selbstbewussten, damals 17-jährigen Frau erschien der Schritt in die Ehe daher als wichtiger Schritt zu mehr Eigenständigkeit. Bald darauf wurde sie zum ersten Mal Mutter. Als sie ihren Mann wenige Jahre später durch einen Unfall verlor, musste sie alleine mit mittlerweile vier Kindern ihr Leben meistern. In einer politisch instabilen Zeit, wie damals in den 70er Jahren in Chile, kein einfaches Unterfangen. In dieser Zeit lernte sie ihren zweiten Ehemann kennen und bekam mit ihm zwei weitere Kinder. Beide arbeiteten sie als Lehrkraft, Adalindas Spezialgebiete waren Geschichte und Spanisch.

Flucht nach Österreich

Neben der Lehrtätigkeit engagierte sich Adalindas Ehemann auch politisch. Das wurde zunehmend zur Gefahr für die Familie. 1976 entschied das junge Paar dann, das Land zu verlassen und in Österreich neu zu beginnen. Sie flohen mit drei ihrer Kinder, die drei anderen blieben in Chile, was für Adalinda besonders angstvolle Stunden bedeutete. Mehr als zwei Tage nahm die Reise in Anspruch. In Wien angekommen war es der größte Wunsch der jungen Familie, anzukommen und Wurzeln zu schlagen. Kein leichtes Unterfangen, denn die neue Sprache stellte ein großes Hindernis dar. Adalinda und ihr Mann konnten dadurch auch nicht mehr ihrer Profession nachgehen, was Adalinda besonders mitnahm. So suchte sie, neben einem Job als Bedienerin, nach einer sinnstiftenden Tätigkeit und betätigte sich von da an in ihrer Freizeit im feministischen Verein „LEFÖ“ (Lateinamerikanische Exilierte Frauen in Österreich).

Engagement für Migrantinnen

Dort organisierte sie internationale Treffen lateinamerikanischer Frauen, die ihre Heimat verlassen und mit den Herausforderungen der neuen Lebenswelten umgehen mussten. „Viele Frauen, die aus anderen Ländern kommen, beherrschen die Sprache nicht und kommen nur selten unter Leute. Da war es gut und sinnvoll sich zusammenzutun, sich gegenseitig zu helfen und Freundschaften zu knüpfen. Später haben wir dann einen Treff gegründet, der bis 2016 existierte. Der war gedacht für Frauen über 60. Wir haben gekocht, Musik gehört und sind spazieren gegangen“, erklärt die 89-Jährige.

Heute macht es Adalinda besonders zu schaffen, wenn sie sieht, wie viel Armut es gibt – auch in Österreich. Am meisten schmerzt es sie, dass viele einfach nur wegschauen und dass den Kindern so viele Probleme mit ins Leben gegeben werden – angefangen bei Armut bis hin zu Krankheiten, wie jetzt in dieser Pandemie sichtbar wird. „Ich bedaure, dass ich nicht jünger bin und nicht mehr genug Kraft habe, um aktiv mitzuwirken. Ich würde versuchen die Menschen zusammenzubringen, denn eine gute Gemeinschaft und ein friedvolles Miteinander ist einfach immer hilfreich.“